Bobby Hebb

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Die Story von Bobby Hebb und “Sunny” 
von Bill Dahl (dt. Übersetzung: Stephan Glietsch)

Kein Soulsänger der 1960er-Jahre konnte mit einer solchen Bandbreite an kontrastierenden Einflüssen aufwarten, wie Bobby Hebb es tat. In seiner Heimatstadt Nashville hauptsächlich mit Country aufgewachsen, fand Hebb später ein neues Zuhause in der hippen New Yorker Jazzszene und hatte 1966 mit ”Sunny” seinen größten Erfolg. Der von Bobby Hebb selbstgeschriebene Song wurde ein Welthit und avancierte zum Popklassiker. Das stilistische Spektrum der Coverversionen ist so vielfältig wie der Reigen der Interpreten, der von Frank Sinatra mit Duke Ellington und seinem Orchester bis hin zu den Schauspielern Leonard Nimoy und Robert Mitchum reicht. Wie Bobby Hebb, entzieht sich auch sein unsterblicher Song standhaft der Kategorisierung.

Robert Alvin von Hebb wurde am 26. Juli 1938 in Nashville geboren. Seine Eltern, beide blind, waren auf das Geld angewiesen, dass sie mit der Familien-Jug-Band Hebb’s Kitchen Cabinet auf der Straße verdienten. Schon im zarten Alter von drei Jahren lernte Bobby stepptanzen und noch im selben Jahr begannen er und sein älterer Bruder Harold mit der Vaudeville-Truppe Jerry Jackson And His Hepcats zu tingeln. Die beiden Hebb-Büder stellten Zweidrittel des Tanztrios der Jerry Jackson Revue 1942. Harold brachte dem Dreikäsehoch Bobby seine ersten Schritte bei und lehrte seinen kleinen Bruder außerdem, mit Löffeln zu musizieren – ein Talent, das beim Publikum großen Anklang fand und das Bobby nie verkümmern ließ.

1950 wurde Bobby, der immer schon beherzt und ambitioniert war, bei WSM-AM vorstellig, Nashvilles bekanntestem Radiosender, der unter anderem die legendäre Grand Ole Opry ausstrahlte, um einen Vorspieltermin zu ergattern. Jim Denny, Talentscout der Opry, empfahl den jungen Burschen dem Bandleader Owen Bradley weiter und Bobby begann mit Bradleys Orchester aufzutreten. Country-Superstar Roy Acuff sah Bobby bei dieser Gelegenheit spielen und lud ihn ein, sein Gesangstalent, seine Tanzkünste und sein rhythmisch komplexes Löffelspiel in den Dienst seiner populären Band The Smoky Mountain Boys zu stellen.

 

Es war damals mehr als ungewöhnlich für einen berühmten Country-Künstler, einem Afroamerikaner eine solch prominente musikalische Rolle in seiner Band zu geben. Der Mundharmonikaspieler DeFord Bailey gehörte von 1927 bis 1941 zum Ensemble der Grand Ole Opry, war aber längst Geschichte, als Bobby von Roy unter dessen Fittiche genommen wurde. Hebb tourte als Mitglied von Acuffs Truppe durch den Süden der USA und der Hillbilly-Star setzte sich persönlich dafür ein, dass dem Jungen unterwegs mit Respekt begegnet wurde. Bobby stieg sogar im selben Hotelzimmer ab wie Roy mit Frau und Sohn.

Der junge Bobby Hebb war stets begierig, sich neue Instrumente beizubringen und so empfand er es als großes Glück, das Gitarrenspiel unter der Ägide von drei der größten Saitenvirtuosen Nashvilles zu erlernen: Joe Zinkan (besser bekannt für seine Großtaten am Kontrabass), Chet Atkins und Hank Garland. Außerdem heißt es, Hank Williams habe Bobby damals erste Tipps zum Songwriting gegeben. Doch Mitte der 50er-Jahre nahm sich Hebb eine kurze Auszeit von seinem Job bei Acuff, um nach Chicago zu reisen. Dort kreuzte sich sein Weg mit dem Rock&Roll-Gitarrenpionier Bo Diddley und er nahm wahrscheinlich an den Aufnahmen zu Diddleys ”Diddley Daddy” für Checker Records teil. Bobby kehrte bald darauf nach Nashville zurück und hielt Acuff die Treue, bis er als Freiwilliger zur Navy ging. Dort spielte er in einer Jazzband und fügte der stetig wachsenden Zahl der von ihm beherrschten Instrumente noch die Trompete hinzu.

Nach seinem Dienst bei der Navy begann er sich in Nashville einen Namen als Session-Gitarrist zu machen. Anfangs vor allem für Künstler des Labels Excello Records, wie etwa für den Sänger Roscoe Shelton und den Schlagzeuger Kid King. Außerdem stand er mit deren Labelmates Earl Gaines und Larry Birdsong auf der Bühne. The Marigolds, eine Gesangsgruppe um den ehemaligen Leadsänger von The Prisonaires, Johnny Bragg, deren Mitglied Bobbys Bruder Harold Hebb eine Zeitlang war und die 1955 mit der Rumba-beeinflussten Doo-Wop-Nummer Rollin’ Stone” einen landesweiten Hit hatten, standen ebenfalls bei Excello unter Vertrag.

Seine erste Single als Sänger und Solo-Interpret nahm Bobby vermutlich 1958 auf: Für Rich Records, das junge Label von WLAC-DJ John Richbourg, alias John R, unterzog er Acuffs Klassiker ”Night Train To Memphis” (einer der drei Komponisten war Owen Bradley) von 1942 einer R&B-Frischzellenkur. Auf der B-Seite fand sich mit ”You Gotta Go” eine Uptempo-Bluesnummer, die Bobby selbst geschrieben hatte.

Für seine Anfang 1961 veröffentlichte zweite Single auf Rich griff Hebb auf Don Redmans ”Cherry” zurück, das er in ein opulentes Lounge-Gewand kleidete. Für die B-Seite wählte er mit dem überschwänglichen ”Feel So Good” abermals eine Eigenkomposition. Die Single wurde in Cosimo Matassas Studio in New Orleans mit Mac Rebennack (Dr. John) an der Gitarre und James Booker am Piano aufgenommen. Aus derselben Session stammten offenbar auch die Aufnahmen für Hebbs einzige Single auf dem kurzlebigen FM-Label, die gleich zwei Songs aus Hebbs Feder enthielt: Das hüftschwingende ”Atlanta G A” sowie das nicht zuletzt aufgrund der Gospel-Anleihen stilistisch an Ray-Charles erinnernde ”I Found Somebody”.

Noch vor Ende des Jahres 1961 brach Hebb nach New York auf, wo er die Bekanntschaft der R&B-Veteranen King Curtis, Bernard Purdie und Jimmy Castor machte. Bobby bekam ein Engagement im angesagten Nachtlokal Blue Morocco, wo er über ein Jahr lang auftrat. Der Schuppen gehörte Joe Robinson und seiner Frau Sylvia. Mit ihrem Duett ”Love Is Strange” hatten Sylvia und ihr Partner Mickey Baker – das Paar schwang seine elektrischen Gitarren wie Macheten, und genauso messerscharf klangen sie auch — 1957 die Spitze der R&B-Single-Charts erklommen.

In derselben Tradition stand auch Bobbys und Sylvias Duett-Single, die sie 1962 in Cosimos Studio für das Battle-Label einspielten. Doch das von Hebb geschriebene, durchaus augenzwinkernde ”You Broke My Heart And I Broke Your Jaw” (die B-Seite war ”I Wanna Know”) eckte ob seiner expliziten Schilderung von Gewalt zu sehr an, als dass tatsächlich Aussichten auf einen kommerziellen Erfolg der Single bestanden hätten. Mit ”Just A Little Bit More/Walk Me Alone” veröffentlichte Hebb 1962 noch eine weitere Solo-Single, diesmal für das Mercury-Sublabel Smash.

Wenn er gerade mal nicht in einem Jazz-Club namens Freddie abhing, wo er Thelonious Monk und Stanley Turrentine kennenlernte und sich von einem jungen Comedian namens Bill Cosby Tipps für die Bühne geben ließ, machte Hebb auf den Bühnen des Big Apple erste Gehversuche als Solo-Act. Diverse mit Backingband eingespielte Demoaufnahmen aus dieser Zeit sollten erst nach dem Erfolg von ”Sunny” auf Platte gepresst werden, wie zum Beispiel ”Betty Jo From Ohio”, das 1966 von Boom Records, und ”I Love Mary”, das ebenfalls im Jahr 1966 von Scepter Records veröffentlicht wurde.

Im November 1963, einen Tag nach der Ermordung John F. Kennedys, wurde Harold Hebb vor einem Nachtclub in Nashville erstochen. Doch anders als die Legende besagt, waren diese Tragödien für die Entstehung von ”Sunny” wohl nicht, oder zumindest nicht alleine das ausschlaggebende Moment. Wie der Kampf um die Bürgerrechte und diverse private Rückschläge in dieser Zeit, waren vermutlich aber auch diese Erlebnisse Teil von Bobbys Motivation. In einem Interview sagte Hebb, die wesentliche Inspiration sei ein violett leuchtender Sonnenaufgang nach einer langen Nacht in New York gewesen. Aufnehmen sollte Bobby ”Sunny” schließlich für ein weiteres Unterlabel von Mercury, nämlich Philips, die den Produzenten Jerry Ross mit der Betreuung der Session beauftragten.

Ross, der aus Philadelphia stammt, hatte mit TV-Moderator Dick Clark gearbeitet, bevor er sich mit Songwriting und Schallplattenproduktionen einen Namen machte und schließlich seine eigene Plattenfirma gründete. 1961 konnte Ross’ Label Sheryl Records mit ”It’s Unbelievable” von The Larks einen Hit landen, während seinem Sublabel Heritage gegen Ende desselben Jahres mit der Pop-Nummer ”When We Get Married” von The Dreamlovers ein Top-Ten-Verkaufsschlager gelang. Ross war auch verantwortlich, als The Saphires für Swan Records ”Who Do You Love” und Candy And The Kisses ”The 81” für Cameo aufnahmen – zwei Hits des Jahres 1964, die Jerry mit seinem Songwritingpartner Kenny Gamble geschrieben hatte. Als Mercury ihn beauftragte, Bobbys erste Veröffentlichung für Philips zu betreuen, galt Ross aufgrund seiner Erfolge bereits als Hitproduzent.

Obwohl er eigentlich von Philadelphia aus arbeitete, hielt Ross die Sessions für Mercury in den New Yorker Bell Sound Studios ab und heuerte dafür einige der besten Studiomusiker an, darunter die Gitarristen Vinnie Bell und Eric Gale. ”Die meisten der frühen Aufnahmen, die ich dort machte, waren R&B-Nummern. Für den Backgroundgesang engagierte ich Nickolas Ashford, Valerie Simpson und Melba Moore”, erzählte Ross. Als Arrangeur für Hebbs erste Philips-Session und viele weitere Aufnahmen im Auftrag des Labels heuerte er Joe Renzetti an, einen früheren Sessiongitarristen aus Philadelphia.

Von den Songs, die am 21. Februar 1966 im Bell Sound eingespielt wurden, war ”Sunny” Überraschenderweise erst zuletzt an der Reihe. Zuerst wurde ”Bread” aufgenommen, eine drängende Soulnummer über den schnöden Mammon und wie ”Sunny”, dessen B-Seite es letztlich werden sollte, eine Komposition von Jerry Ross and Joe Renzetti. Es folgte eine von Bobby mit ungeheurer Leidenschaft interpretierte Version von Jimmy Roachs Rocker ”I’m Your Man”, sowie der rastlose Uptempo-Stomper ”Love, Love, Love” aus der Feder von Produzent Ross und Arrangeur Renzetti. Und erst kurz bevor dieser verheißungsvolle Studiotag zu Ende ging, schafften die Musiker es schließlich doch noch, auch ”Sunny” auf Band zu bannen, es war noch Studiozeit übrig. Bobbys inspirierende Lyrics und sein fesselnder Gesang wurden perfekt unterstützt von Renzettis prononcierendem Arrangement, das von Anfang bis Ende des Songs konstant Spannung aufbaut.

”Sunny” erschien im Frühjahr 1966, erreichte die Spitze der Pop-Charts des Cash Box Magazins, wurde mit Gold ausgezeichnet und eroberte in der Folge Platz #2 der Pop- und Platz #3 der R&B-Charts des Billboard-Magazins. Mit einem Schlag war Bobby ein sehr gefragter Mann, trat in TV-Shows wie ABCs Where The Action Is und David ”Hoss” Allens The!!!!Beat auf. Und als Bobby Hebb neben The Remains, The Cyrkle und den Ronettes die Konzerte auf der letzten Amerikatournee der Beatles eröffnete, spielte er plötzlich in solch riesigen Venues wie dem International Amphitheater in Chicago und dem New Yorker Shea Stadium.

Auch auf der anderen Seite des Atlantiks, in England, konnten die Musikfans von ”Sunny” offenbar gar nicht genug bekommen. Im September 1966 standen nicht weniger als drei (!) Versionen des Songs in den britischen Charts, ein absolutes Novum. Dicht auf Bobbys Original folgten Coverversionen von Cher und dem Briten Georgie Fame. Auch in den USA probierten sich schon bald andere Künstler an ”Sunny”: So nahm Wilson Pickett für sein im gleichen Jahr bei Atlantic Records erscheinendes Album The Wicked Pickett im Muscle Shoals Studio eine wilde Variante in Moll auf, und im Jahr darauf fand sich der Song auf Trini Lopez’ Reprise-LP Now!

Wenn ein Künstler mit nur einem Song einen so gewaltigen Karrieresprung macht wie es Bobby mit ”Sunny” gelang, dann kann die Frage wie es von da an weitergeht, zu einer echten Herausforderung werden. ”Ich sagte zu Bobby: ’Du musst einen neuen Song bringen. Wir brauchen eine Nachfolge-Single’”, erinnerte sich Ross. ”Bobbys Wurzeln lagen in Nashville und ich sagte: ’Einer meiner liebsten Country-Songs heißt ”A Satisfied Mind”, den würde ich gern mit dir aufnehmen.’” Geschrieben von den Texanern Joe ”Red” Hayes und Jack Rhodes war ”A Satisfied Mind” 1955 ein Hit für drei Country-Acts gewesen: Porter Wagoners Version, welche die C&W-Charts anführte, erschien bei RCA Victor, während Red Foley den Titel gemeinsam mit seiner Tochter für Decca, und Jean Shephard ihn für Capitol einspielte. Bobbys Neuinterpretation hatte musikalisch mit keiner der genannten viel gemein. Renzettis Arrangement verlieh ihm etwas Übermütiges, und der erdige Soul in Hebbs Gesang ließ keinen Zweifel daran, dass ihm Country-Nummern alles andere als fremd waren.

Es war einer von acht Songs, die bei einer zweiten Session im Bell Sound aufgenommen wurden und das restliche Material für Bobbys Debüt-LP liefern sollten. ”’Sunny’ war ein gewaltiger Erfolg für Bobby. Irving Green, der Präsident von Mercury Records rief mich an, und sagte: ’Gute Nachrichten, die Single geht durch die Decke! Wir brauchen ein Album.’ Ich erwiderte: ’Wow, wir brauchen also ein Album. Na gut, ich setze mich sofort mit Bobby zusammen’”, erzählte Ross. ”Bobby und ich aßen also in einem damals sehr angesagten Restaurant, bei Ruben’s, zu Mittag. Dort sagte ich zu Bobby: ’Die Platte verkauft sich sehr gut. Wir müssen ein Album machen.’”

Die restliche Songauswahl für Hebbs Sunny-LP war eine ziemlich bunte Mischung. ”Where Are You” hatten Jimmy McHugh und Harold Adamson, zwei gestandene Tin-Pan-Alley-Songwriter, mehr als zwanzig Jahre zuvor für den 1937 angelaufenen Film ”Top Of The Town” geschrieben, während das Blues-durchtränkte ”Got You On My Mind” aus der Feder der New Yorker Songschreiber Howard Biggs und Joe Thomas 1952 ein großer Hit für den singenden Saxophonisten Big John Greer war. Hebb selbst steuerte mit ”Crazy Baby” und ”Yes Or No Or Maybe Not” zwei temperamentvolle R&B-Kompositionen bei.

Auch mit ”Good, Good Lovin’”, einem Song von Barry Mann und Cynthia Weil, der sein Debüt erst kurz zuvor in einer Version von The Blossoms gefeiert hatte, und der Van McCoy-Nummer ”For You”, mit dem The Spellbinders 1965 einen Soulhit gelandet hatten, ließ Bobby gesanglich keine Wünsche offen. Das nachdenkliche “You Don’t Know What You Got Until You Lose It” stammte wieder von Jerry Ross und seinem langjährigen Partner Kenny Gamble, der den Song 1964 schon selbst für Columbia eingesungen hatte. Eine weitere Version sollte 1967 dann Jerry Butler aufnehmen, ebenfalls für Mercury. Auch diese beiden Versionen wurden von Ross produziert. Das Cover des Sunny-Albums schmückte nicht Bobbys lächelndes Gesicht, sondern das Porträtfoto eines weiblichen Modells: Bathsheba Davis, die Frau des Soulproduzenten Carl Davis aus Chicago, deren anmutige Gestalt auch auf Ramsey Lewis’ Album ”Wade In The Water” aus demselben Jahr zu bewundern ist.

Einen anderen Song den Ross ihm vorschlug, lehnte Hebb allerdings ab. ”Ich habe einen Song, den ich schon eine Weile zurückhalte, weil ich es im Gefühl habe, dass die Nummer mal ein Hit wird”, erzählte ihm Ross, ”er ist von einem jungen Songschreiber.” Doch als Ross ihm das Demo von ”Apples, Peaches, Pumpkin Pie” vorspielte, sagte Bobby bloß: ”Tja, ich weiß nicht.”

”Was Bobby tatsächlich nicht wusste, war, dass Joe Renzetti und ich den Track bereits in seine Tonart transferiert hatten. Denn wir waren übereingekommen, dass ’Apples, Peaches, Pumpkin Pie’ seine nächste Single sein würde, falls er keinen Song schreiben sollte, der es wirklich wert war. Doch Bobby sagte: ’Nein, ich will die Nummer wirklich nicht singen. Ich würde lieber Songs singen, mit denen ich groß geworden bin, oder die ich selbst geschrieben habe.’ Das habe ich respektiert. Aber ich hab auch gesagt: ’Bobby, wem auch immer ich diesen Song geben werde, er wird damit einen riesigen Hit landen.’”

Jerry sollte rechtbehalten, was das Potenzial des unbeschwerten Songs von Maurice Irbys betraf. Ross produzierte ”Apples, Peaches, Pumpkin Pie” schließlich für Smash Records mit Jay And The Techniques, einer Newcomerband aus Allentown in Pennsylvania, und der Song verkaufte sich im Pop- und R&B-Markt wie geschnitten Brot. Allerdings machte ”A Satisfied Mind” als Nachfolge-Single ebenfalls keine so schlechte Figur und verschaffte Hebb im Spätherbst 1966 noch einmal einen Platz #39 in den Pop- und einen Platz #40 in den R&B-Charts.

Auch für Bobbys nächste Philips-Veröffentlichung, das noch im November 1966 ausgekoppelte, elegant groovende ”Love Love Love” arbeiteten Gamble und Ross wieder zusammen. Renzettis kontinuierlich an Fahrt aufnehmendes Arrangement erinnerte an ”Sunny” – möglicherweise etwas zu sehr: Der Song schaffte es mit Anbruch des neuen Jahres nur auf Platz #84 der Popcharts. Für Hebbs erste Veröffentlichung des Jahres 1967 griff Ross auf das Duo Robin Shaw und Micky Keen aus Nashville zurück, doch ihrer für Hebb eher untypische Ballade ”Ooh La La” gelang es gar nicht erst, sich in den Charts zu platzieren. Für die B-Seite der Single, das beschwingte ”My Pretty Sunshine”, zeichnete Ross selbst als Co-Writer verantwortlich.

Bobby Hebb und Percy Sledge nahmen im Herbst 1966 beide das jubilierende ”I Love Everything About You” von Dan Penn und Spooner Oldham auf, aber Hebbs Version stand im folgenden Frühling als erste in den Regalen. Wie gewohnt stammte das Arrangement auch diesmal wieder von Renzetti, die treibende B-Seite ”Some Kind Of Magic” hatten Ross, Renzetti und Artie Kornfield gemeinsam verfasst. Als auch diese Single wieder kein Hit wurde, hatte Ross’ als Bobbys Produzent erstmal ausgedient.

1967 wurde Hebb von Philips für eine Session nach Memphis geschickt: Arrangiert von dem Trompeter Gene ”Bowlegs” Miller und produziert von Curtis Johnson, Cleve Shears und Jesse Butler unter der Leitung von Boo Frazier. Mit dem brodelnden ”Everything Is Coming Up Roses” nahm sich Hebb einer weiteren Penn-Oldham-Nummer und mit dem eingängigen ”Bound By Love” eines Songs des aus Memphis stammenden Songschreibers Darryl Carter an, für die er gesanglich noch einmal kräftig an der Soulschraube drehte. Die Single wurde im Herbst desselben Jahres veröffentlicht.

Gamble und sein neuer Songwriting- und Produktions-partner Leon Huff schürten 1968 das Brancheninteresse an ihrer Zusammenarbeit, als sie Bobby Hebb ins Studio einluden, um mit ihm ihre verschwenderisch arrangierte Komposition ”You Want To Change Me” aufzunehmen. Mit ”Dreamy” schrieb Bobby für die B-Seite einen Song, dessen Titel Programm war. Als sich im Spätsommer auch diese Single nicht in den Charts platzieren konnte, markierte dies das Ende von Hebbs Zusammenarbeit mit Philips. Mit Jerry Butler sollten Gamble und Huff mehr Glück bei Mercury haben.

Für sein 1970 erscheinendes, zweites Album ”Love Games” wechselte Hebb zu Epic und arbeitete mit einem neuen Produzenten, James Flemming, zusammen. Hebb war damals gerade frisch geschieden, und die Songs des Albums mit Titeln wie ”Grin And Bear It” oder ”The Love Bird Has Flown”, die allesamt ganz oder teilweise aus seiner Feder stammten, spiegelten seinen Kummer wieder. Bei Epic hielt man es nicht für nötig, eine Single aus der LP auszukoppeln.

1971 waren es einmal mehr seine Songwriting-Talente, die Bobbys einen großen Erfolg bescherten: Lou Rawls seidig weiche Interpretation von ”A Natural Man”, das Hebb gemeinsam mit dem Komiker Sandy Baron geschrieben hatte, brachte Rawls Label MGM einen Platz #17 in den Pop- und den R&B-Charts ein. Trotzdem hat Bobby die Nummer niemals selbst aufgenommen — abgesehen von einer packenden Interpretation im Rahmen eines Auftritts in der PBS-Fernsehshow Soul, wo er sich selbst auf der Akustikgitarre begleitet hat. In England landete er 1972 auf dem Höhepunkt des Northern Soul-Fiebers einen Überraschungshit mit einer Wiederveröffentlichung von ”Love Love Love” aus seinem Debütalbum. Im selben Jahr veröffentlichte Cadet Records mit ”Woman In The Window” eine nagelneue Single von Bobby, produziert von Esmond Edwards und arrangiert von Horace Ott.

1974 gründete Hebb in Salem, Massachusetts, mit Crystal Ball Records sein eigenes Label und nahm auch gleich die Produktion selbst in die Hand. Das von ihm geschriebene und produzierte ”Evil Woman” sollte allerdings seine einzige Single auf Crystal Ball bleiben – die eigene Plattenfirma blieb ein kurzlebiges Abenteuer. Von dort wechselte Bobby zum New Yorker Label Laurie Records, wo man Joe Renzetti reaktivierte um das von Hebb selbstverfasste ”Proud Soul Heritage” zu arrangieren, das 1975 als Single erschien. Anfang 1976 folgte eine Disco-Version von ”Sunny”, mit der Hebb noch einmal der Einstieg in die R&B-Charts gelang.

Im Jahr 2000 lebte Bobby Hebb in Ann Arbor, Michigan, wo ihn Rüdiger Ladwig aufstöberte. In der Folge arbeiteten die beiden gemeinsam an zwei One Song Compilations mit verschiedensten Versionen von ”Sunny”, die auf Ladwigs Label Trocadero erschienen. Die beiden Anthologien umfassten zusammen 33 klassische Versionen des Songs, darunter Bobbys eigene, und verdeutlichte noch einmal die enorme Vielseitigkeit dieses Songs, der bis heute untrennbar mit Bobby Hebbs Namen verbunden ist. Die Bandbreite reichte von Soul (James Brown, Marvin Gaye, The Four Tops), über Jazz (Stan Kenton, Herbie Mann, Ella Fitzgerald, Jimmy Smith) und Pop (Dusty Springfield, Jose Feliciano, Shirley Bassey) bis zum Rock (Gary Lewis & The Playboys, The Ventures) und machte eindrucksvoll klar: ”Sunny” ist im besten Sinne ”universell”.

Mit seinem dritten und letzten Studioalbum That’s All I Wanna Know, das er im Black Sheep Studio Düsseldorf mit dem Produzenten-Team Konstantin Wienstroer, Veit Lange und Jürgen Dahmen und Rüdiger Ladwig als Executive Producer aufnahm, bewies Bobby Hebb 2005, das sein unverkennbarer Sound so frisch und relevant war, wie eh und je. Das auf dem Label Tuition veröffentlichte Album enthielt neben Neuinterpretationen von Syl Johnsons ”Different Strokes”, Little Miltons ”We’re Gonna Make It” und dem titelgebenden Song von James Carr auch neue Versionen diverser Perlen aus der Glanzzeit von Bobbys eigener Karriere, wie ”Love Love Love” und ”Bound By Love”, sowie mit ”Cold Cold Night” eine Komposition von Hebb und Phil Medley, die nie veröffentlicht wurde. Mit einer frischen Neuinterpretation von ”Cold Cold Heart” zog Bobby den Hut vor seinem Songwriting-Mentor Hank Williams, und gemeinsam mit Astrid North, der ex-Sängerin der deutschen Band Cultured Pearls, sang er ”Sunny” hier dann erstmalig im Duett.

Bobby Hebb verstarb am 3. August 2010 in seiner Heimatstadt Nashville. Auch wenn sein Name auf ewig mit ”Sunny” verbunden sein wird, ist sein Vermächtnis dennoch um so viel reicher und vielfältiger, als es selbst einer der größten Popklassiker des 20. Jahrhunderts allein je sein könnte.

Bill Dahl:

Lifelong Chicago resident Bill Dahl began writing about music professionally in 1977, though his love for R&B goes back to buying 45s by Fats Domino, Lloyd Price, and The Drifters. He’s free-lanced for publications including Vintage Rock, Goldmine, Living Blues, Blues Revue, Blues Music Magazine, the Reader and the Chicago Tribune. Dahl is the author of Motown: The Golden Years (Krause Publications). He´s specialized in writing liner notes for CD reissues, focusing predominantly on music of the 1950s, ‘60s, and ‘70s (Soul, R&B, Blues, Doo-Wop, Rockabilly, Country, Rock`n`Roll). He has written for labels worldwide and often producing and compiling as well. He was nominated for a Grammy in 1998 as one of several liner notes writers for Rhino’s Ray Charles Genius & Soul: The 50th Anniversary Collection. As producer/compiler of Bear Family’s Plug It In! Turn It Up! Electric Blues 1939-2005 – The Definitive Collection!, Dahl won the 2013 Blues Music Award for Historical Album.

 

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